Stummfilme sind Filme, die heutzutage wohl kaum noch jemand sieht. Kann man auch keinem verübeln. Schließlich sind es uralte Filme mit einer dermaßen veralteten Technik, dass es doch langweilig ist. Und vor Allem, was soll man den mit einem Film, in dem nicht mal geredet wird? Naja, im Grunde unfassbar viel. Und diese Filme sind auch keines Falls langweilig. Lediglich anders. Sehr anders. Aber gerade das ist doch das interessante daran. Diese Filme kann man gar nicht mit dem heutigen Film vergleichen. Sie haben ihre eigene Art Handlungen darzustellen und voranzutreiben. Sie haben ihre eigene Ästhetik und um die soll es hier und heute gehen. Dass Stummfilme diese spezifische Ästhetik haben liegt natürlich an dem Hauptpunkt, der Stummfilme von heutigen Filmen unterscheidet, nämlich (wer hätte es gedacht?) dass sie stumm sind. Der einzige Klang den man hört ist die Musik, was übrigens zeigt, dass Musik in gewisser Weise wichtiger für Filme ist als Dialoge, denn ohne Dialoge, konnte man Filme präsentieren, aber nicht ohne Musik. Aber um die Musik soll es jetzt nicht gehen, also gehen wir mal zurück zum eigentlichen Thema.
Dadurch, dass diese Filme stumm sind, sind sie sehr bewegungsfixiert. Die meisten denken bei alten Filmen ja sehr oft an sehr langsame (und für manche deshalb langweilige) Filme, aber gerade auf Stummfilme trifft das nicht zu, sondern auf ältere Tonfilme. Stummfilme waren sehr schnell, lebhaft, kurzweilig und manchmal fast schon rasant. Beim bekannten Filmkomiker Buster Keaton grenzten manche Szenen beinahe schon an Actionfilme (insbesondere denke ich da an die Zugszene aus "Der General" und an die Hurricaneszene aus "Steamboat Bill Jr."). Auch die Werke von D.W. Griffith oder von Sergej Eisenstein sind oft sehr rasant und Actionreich.
Einen wichtigen Teil der Ästhetik des Stummfilms macht der Expressionismus aus der Weimarer Republik aus. Man mag es heutzutage kaum glauben, aber damals war Deutschland neben den USA so ziemlich das wichtigste Land für die Filmindustrie. Und gerade deutsche Filme schafften immer den perfekten Spagat zwischen Unterhaltung und künstlerischen Ansprüchen. Die Werke aus der Zeit der Weimarer Republik waren, aufgrund des Expressionismus, sehr stilisiert. Das bedeutet, dass bei einem bewusst auf Realismus verzichtet wird, um einen bestimmten Stil darzustellen. Und gerade der Expressionismus hatte einen sehr abstrakten Stil. Das kann man gut in dem Film "Das Cabinet des Doktor Caligari" erkennen, bei dem auf realistische Gebäude, Räume und andere Hintergründe verzichtet wurde.
So langsam wenden wir uns dem Ende des Artikels zu, aber vorher will ich noch einen ganz bestimmten Film erwähnen, nämlich den Film, der mich überhaupt auf die Idee brachte, etwas über die Ästhetik von Stummfilmen zu schreiben, was mir jetzt, dank diesem Blog, möglich ist. Ich spreche von dem Film "Sonnenaufgang: Lied von zwei Menschen" von F.W. Murnau (der besonders bekannt für sein Meisterwerk "Nosferatu" ist). Der Film ist zwar eine US-Produktion, aber da der Regisseur deutscher war, ist auch hier viel vom Weimarer Stil erkennbar. Dieser Film ist einfach was ganz Besonderes. Gerade dieser Film ist aus ästhetischer Sichtweise ein ganz großes Meisterwerk. Selten war ich so beeindruckt von einem Film. Diese Leidenschaft die Murnau in die Bilder steckte ist einfach faszinierend. Und wenn ich jetzt detailliert auf die Bildsprache eingehen würde, dann würde das ein Roman und kein Blogartikel werden. Auf jeden Fall hielt mir dieser Film vor Augen, wie sehr und warum ich Filme so sehr liebe und er zeigt, wie gut es sein kann, mal auf einen neuen Film zu verzichten und sich stattdessen mal einen Stummfilm anzusehen, denn gerade technische Einschränkungen machen Künstler besonders kreativ.
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